Montag, 20. September 2010

Tag I – The unknown 5th room and the invisible blue stool.

13. September 2010, 11 pm


Ich liege in meinem alten neuen Bett. Kai neben mir schläft schon. Dem Ottter Opunkt geht es gut. Bis auf ein paar kleine Erfrierungen, die er sich im Flugzeugladeraum zugezogen hat.

Das mit dem Fliegen ist doch eine bescheuerte Sache. Was sich Menschen freiwillig antun! Mann muss einfach irgendwann eingeben, aufgeben irgendwie reagieren zu können Beim ersten Flug. Da ist man so angespannt, zuckt beim kleinsten Ruckeln. Aber irgendwann muss man es 'denen' einfach überlassen 'das Ding schon wieder sicher auf den Boden zu bekommen'. Sich irgendwie entspannen. Dann geht das.

Ich bin jetzt seit vorgestern 11 Uhr wach. Da ist Hannah gerade weggefahren. Dann habe ich geschleppt, genäht, geschnitten, gefärbt und bin dann ohne nächtliche Ruhe mit Kai nach Berlin gefahren. Ich kann es noch immer nicht glauben freiwillig in eines dieser Flugmonster gestiegen zu sein, aber wie sollte ich sonst wohl hier sein.

Kofferkontrolle.
     „Haben Sie da irgendetwas drinne? Einen CD-Spieler oder so?“
           „Einen Wecker?“
              „Ah, Ok.“
                    Später.
                       „Wir müssen das nochmal testen... Manchmal, bei den vielen Drähten …
                         Manchmal ist Sprengstoff drinnen. Man weiß ja nie was die da zu hause
                          alles so zusammenbasteln.“
                             „Ok?“
                                 „Mit ihrem Wecker ist etwas nicht ok....“
                                      ?
                                        „Sie sollten mal die Batterien wechseln,
                                              er geht nach,
                                                   Schöne Reise noch!“
                                                      … ?

Dann: Niederknien vor Wolkenbergen, Spielzeugautos und der sich unendlich nach oben ausdehnenden Bläue. Die Welt sieht aus wie die Eisenbahnplatte irgendeines verrückten Detailfanatikers und Süßigkeitenliebhabers. Der hat doch tatsächlich überall Zuckerwatte und Marschmellows hin gehängt! Immer wenn es ruckelt und ich fast die Fassung verliere deswegen, stelle ich mir vor es haben sich lediglich Zuckerfäden im Triebwerk verfangen und die schmelzen gleich einfach. Irgendwann sieht man dann nichts mehr, keine genauen Konturen. Alles unter mir ist weiß. Das könnte gut auch die Arktis sein dort unten. Ein paar Eisberge gucken noch oben aus der weißen Masse, manchmal sieht man noch das Graublau des Meeres drunter hervor blitzen. Überhaupt. Durch dieses mittlerweile sanfte Ruckeln fühlt es sich eher an wie ... ein Boot?
                         Und dann finde ich doch noch meine 20 Minütchen Schlaf.

Der EMA Airport ist nett. Überall hängen ganz plakativ Tafeln, Banner und Plakate. Und die schreien alle seine Städte in den Himmel. Bei mir kommt nur noch sein Flüstern an, ich bin gerade aufgewacht und noch halb im Schlafe: 'Nnnnootttinghhham', 'Leeeeeds' oder 'Ddderbyy'.

Mit dem Sky Link geht es nach Nottingham. Man landet mit diesem Shuttel Bus so ziemlich im City Center und von dort aus hopst man in eines dieser chicen lila-blauen Ungetüme namens Indigo Line. Nach ein paar Stationen ist man dann in Lenton.


Haus suchen.


Haus finden.

(Sämtliche Kommentare bezüglich männlichem und weiblichem Orientierungsvermögen seien hier ausgespart. Ich komme im groß besser dabei weg … )

Das Haus sieht genauso aus, wie ich es mir vorgestellt habe. Doppelhaus mit Backsteinziegelfassade, Erkerchen, Mosaikziegelchen am Eingangsbereich, eine knarrige Tür an der Mauer hinter welcher man einen Miniaturgarten findet, der das Haus dahinter etwas von der Straße absetzt. Alt und etwas angeranzt. Wenn man sich zwischen dem Haus und dem Nachbarhaus durch schleicht kann man in den kleinen Garten spähen. 'Free of all debris' sagte es in der Inventurliste. Naja.

Kai und ich stehen vor dem Haus.
Wir sind genau eine Minute zu spät, aber es ist sowieso noch niemand da.
Selbst nach 10 Minuten gibt es noch keine Spur vom Landlord. Ich mache mir schon Sorgen ob ich trotz gefühlter absoluuuuter Sicherheit doch an der falschen Adresse gelandet bin. Und dann …
„Hey, hast du deine Uhr eigentlich schon umgestellt?“ .. .
Zeit vertreiben ist kein Problem hier, wenn alles noch so neu ist. In unserem Fall haben Kai und ich gleich mal für Abendessen gesorgt. Irgendwann, fast 30 Minuten zu spät taucht dann auch der Landlord auf. Ein Piefke. Ein Schnacker. Ein Landlord eben. Ganz nett soweit. Aber ein Blaubär glaub ich.
Wir müssen nicht lange auf die erste der drei neuen Mitbewohnerinnen warten. Aggie ist auch nett. Ich glaube ich werde sie mögen.
Verträge sind hier schnell gemacht.
Und wenig förmlich: Dies hier weiß ich nicht. - Ach streiche es einfach raus. Und hier kann ich nichts angeben. - Ach lass es einfach frei. Ist auch nicht so wichtig.
Ist doch nur ein Vertrag. Im Grunde hat hier der Landlord sowieso immer Recht. Anders als in Deutschland. Wir Mieter dürfen hier nicht viel rummucken.
Ist schade eigentlich. Denn ganz so, wie in der Inventarliste beschrieben sehen die Zimmer doch nicht aus. Da es nur wenig vermietete Häuser mit Kautionen gibt und oft keine Grundreinigung vor der Übergabe statt findet, ist es oft dementsprechend schmuddelig. Das müssen wir alles selbst machen, also die Reinigung zumindest. In ein paar Tagen soll nämlich jemand kommen, der die Duschstange repariert und den Klositz anschraubt, und die Waschmaschine benutzbar macht, meine Vorhänge reinigt, die Lampenfassungen im Flur austauscht, den Backofen in Ordnung bringt und das Schloss in der Eingangstür so hinklabüstert, dass man es mit unseren Schlüsseln auch öffnen kann. ….
Das einzige Recht was man sich da herausnehmen kann ist eine pingeligst kleinlich geschriebene Wohnungsübergabeliste aufzustellen. Mit jedem Mikroflekchen und jedem Kratzerchen, jeder minimalsten Rille.
Das tun wir dann auch. Glücklicherweise kennt Aggie da jemanden. Freund von ihr. Ein netter Man.
Original englischer Humor. Ich mag das. Er ist nett. Er sagt meine Haarfarbe wäre cool. Seine Haare sind weiß.

Ich putze die Küche und Kai und ich Essen.
Wir gehen früh ins Bett.
Es war ja ein langer Tag.

1 Kommentar:

  1. Das erwartet mich also in ein paar Monaten. Und dann noch ganz allein. wenigstens steh' ich auf Eisenbahnplatten ("Na klar hab' ich ne Eisenbahnplatte!).
    Aber Zuckerwatte war noch nie meins. Schade eigentlich. Wenn es davon doch so viel gibt.

    Und ja, Berechnungen der Zeit mit Uhrumstellungen zwischendrin sind sehr kompliziert. Kenn' ich ja selbst von Dublin.

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