Montag, 2. Mai 2011

Duchenne

Wiedergefunden:

„Es ist nicht leicht einzusehen, dass man sterblich ist, dass du vielleicht nicht mehr viel Zeit auf dieser Erde zu verbringen hast.“ Gar unerträglich ist es zu sehen, dass du schon längst angefangen hast, vergänglich zu sein, dass dich die Zeit zwischen ihren riesigen Mühlsteinen zu pulverfeinem Staub zermalmt und du nichts tun kannst, weil auch kein Strampeln hilft.

Denen, die übrig bleiben, bleibt nichts als dein Sandstaub auf der Handfläche, unfassbar fein und nicht zu halten. Mit dabei die Angst, dass deine Erinnerung ihnen zwischen den Fingern zerrinnen wird, so wie du es zu Lebzeiten tatest.


Ich presse meine Hand zusammen. So fest, dass ich schon das Knacken meiner eigenen Knochen vernehmen kann. Der Sandsturm braust um meine Ohren. Eigentlich bräuchte ich meine rechte Hand um mein Visier zu schließen. Doch ich halte sie noch immer krampfhaft geschlossen neben meinem Körper. Der Sturm wird stärker und mittlerweile kann ich gar nichts mehr sehen. Anzuhalten wäre zu gefährlich und so laufe ich blind in eine Richtung, von der ich nicht weiß, ob sie zu hause ist. Irgendwann werden meine Beine zu schwach zum Gehen und ich kippe vorne über, mein Gesicht gräbt sich tief in den warmen Wüstensand und unter meinem Körper kann ich sie noch spüren, meine geballte Faust.


Als ich irgendwann aufwache, dämmert es schon, der Sturm hat sich gelegt und nur noch ein leises rauschen ist zu vernehmen. Ich habe Durst. Ich setze mich hin. Die Sonne hängt dort so einfach am Himmel, kurz über dem Horizont und denkt nicht daran, den letzten Schritt zu tun und unter zu gehen. Ich teste mit meiner linken Hand den Wind und entscheide, dass es sicher ist.
Ich schaue auf meine rechte Hand. Sie wirkt fast wie aus Stein gehauen, unmöglich, die Finger zu lösen, ihr Geheimnis zu offenbaren. Irgendwann strömt doch das Blut in sie zurück und ich löse langsam Finger für Finger.

Auf der blanken Handfläche liegen drei einzelne Körnchen, alles andere ist verschwunden, für immer vom Sturm der Zeit zerfressen. Doch diese drei, die als einzige übrig geblieben sind, scheinen irgendwie zu leuchten. Ich kann nicht sagen, wie viel Zeit vergangen ist, in der ich einfach nur da saß und sie betrachtet habe. Kurz bevor die Sonne sich doch entscheidet unter zugehen, stecke ich die 3 Körnchen in meine Hosentasche und laufe Richtung Horizont. Wenn ich es schaffe schnell genug zu gehen, schaffe ich es vielleicht doch noch im Hellen nach Hause.

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